Peter und die Coladosen

 

Peter arbeitet im Außendienst einer Versicherung. Er strahlt eine natürliche Autorität aus und wirkt gleichzeitig freundlich und souverän. Heute sprechen wir über seinen Sohn: „Gestern habe ich Luis gebeten, seine alten Coladosen von meinem Schreibtisch zu entfernen. Er grinst mir ins Gesicht, erzählt mir, wie spießig ich bin, dreht sich um und geht. Die Dosen bleiben stehen. Ich bin fast explodiert.“ Peters Sohn Luis ist 16 Jahre alt und außerhalb der Familie ist er ein netter Teenager. Zuhause … nun zuhause verhält er sich wie ein echter Teenager …

 

Eine berechtigte Aufforderung entfacht ein emotionales Feuerwerk. Was passiert da eigentlich?

 

Peter bittet seinen Sohn die Dosen wegzuräumen und was jetzt passiert, ist psychologisch wirklich interessant! Folgt Luis der Aufforderung seines Vaters, ist Papa zufrieden. Räumt Luis die Dosen nicht weg, wird Peter ärgerlich und unzufrieden. Peter äußert eine berechtigte Erwartung und – merken Sie es? – Peters Zufriedenheit ist abhängig vom Verhalten seines Sohnes. Ob Peter zufrieden oder unzufrieden ist, hängt von der Laune eines Teenagers ab! Wie fühlen wir uns, wenn wir abhängig sind? Hilflos! Und wie verhalten wir uns, wenn wir uns hilflos fühlen? Wütend!

 

Jetzt wird das Dilemma deutlich: Jede Erwartung, die wir an andere stellen, öffnet eine kleine Tür in Richtung Abhängigkeit, Hilflosigkeit und Ärger. Im unsichtbaren Bauplan der Psyche leben Erwartungen und Abhängigkeitsgefühle in direkter Nachbarschaft. Nicht falsch verstehen, es geht hier überhaupt nicht darum, keine Erwartungen zu haben. Es geht ausschließlich darum, sich für den kleinen Aspekt zu sensibilisieren, dass jede Erwartung an andere das Risiko in sich birgt, enttäuscht zu werden. Wirklich gemein ist, dass dieses Muster auch für absolut berechtigte Erwartungen gilt.

 

Wie kann Peter sein Dilemma lösen?

 

Die nächste Stunde wird ein spannender Balanceakt. Peter wird sich eine Strategie überlegen, mit der er seinen Ärger über die Coladosen auf seinem Schreibtisch zum Ausdruck bringt. Gleichzeitig möchte er jegliche Abhängigkeitsfallen umgehen. Ich werde nächste Woche berichten!

 


 

Als Psychologin unterliege ich der absoluten Schweigepflicht. Alle Namen, Rahmenhandlungen und biographischen Details habe ich mir ausgedacht. Die Person, die ich hier beschreibe, gibt es nicht. Lediglich der psychologische Kerngedanke in jedem Beitrag ist real. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

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